Amphitheater
Darbietungen und Publikum
In der Arena fanden Tier- und Gladiatorenkämpfe, inszenierte Jagden, Akrobatenspiele und Hinrichtungen statt. Die Zuschauer verteilten sich ihrem sozialen Status entsprechend über die Sitzreihen. Die Veranstaltungen wurden in der Regel von angesehenen, gesellschaftlich und politisch bedeutsamen Persönlichkeiten finanziert und fanden oft «zum Wohl des Kaisers» statt. Zur Eröffnung der Spiele zogen die Angehörigen der lokalen politischen Oberschicht angeführt von den Götterbildnissen und gefolgt von den Kämpfern und den übrigen Akteuren der Arena in einer feierlichen Prozession (pompa) zum Amphitheater. Dieser Umzug und die Präsenz der Götter durch ihre Standbilder machen deutlich, dass die Spiele nicht allein volkstümlichen sondern in hohem Masse auch religiösen und politischen Charakter besassen. Normalerweise fanden die Veranstaltungen bei Tageslicht statt.
Zwei Bauphasen
Das Amphitheater wurde Anfang des 2. Jh. n. Chr. im Bereich eines natürlichen Abhangs errichtet. Als Resultat massiver Ausschachtungsarbeiten enstanden die Arena und die dahinter angelegte, 25° steile Böschung, die als Unterlage für 24 möglicherweise zum Teil hölzerne Sitzreihen diente. Lediglich die Treppen, die Begrenzungsmauer der Arena und die bekrönende Umfassungsmauer waren zusammen mit den beiden Eingängen auf der Längsachse in Stein gebaut.
Im letzten Drittel des 2. Jh. n. Chr. wurde das Gebäude erweitert und mit 31 Sitzreihen aus Stein sowie ringsum mit einer durch Nischen und Pilaster gegliederten, repräsentativen Umfassungsmauer versehen. Gleichzeitig entstand auf der Ostseite ein monumentales, aus grossen Steinquadern gebautes, triumphbogenartiges Hauptportal (Propylon). Die Arena selbst mit ihrem typischen Sandboden wurde von diesen Umbaumassnahmen nicht tangiert.
Nach diesen Erweiterungsarbeiten bot das Amphitheater die stattliche Zahl von 16'000 Sitzplätzen, was zeigt, dass bei den Spielen viele Zuschauer wohl auch von ausserhalb der Stadt anreisten.
Zu Beginn des 4. Jh. n. Chr. wurde das Amphitheater aufgegeben und die meisten seiner Bestandteile fanden als kostengünstiges Baumaterial eine sekundäre Verwendung.
Im 11. Jh. liess der Bischof von Lausanne über dem Osteingang auf der Höhe der 20. Sitzreihe einen Wohnturm errichten; in diesem Turm ist seit 1838 das Römermuseum untergebracht.
Heute ist das Monument grossflächig restauriert und bis auf die Höhe der 20. Sitzreihe partiell rekonstruiert; im Sommer wird es für moderne kulturelle Veranstaltungen wie Konzerte und Opernaufführungen benützt.
Dimensionen und Fassungsvermögen des Gebäudes
Bauphase 1
Aussenmasse ohne Vorplatz (heutige Place du Rafour) : 98,85 x 85,94 m
Arena : 51,63 x 38,40 m
Fassungsvermögen : ca. 9’000 Sitzplätze, verteilt auf 24 Sitzreihen.
Datierung : um 130 n. Chr.
Bauphase 2
Aussenmasse ohne Vorplatz und ohne Ostportal (Propylon) : 105,01 x 92,11 m
Gesamthöhe (östliche Fassade) : 18 m
Fassungsvermögen : ca. 16'000 Sitzplätze, verteilt auf 31 Sitzreihen
Datierung : nach 165 n. Chr.
Baumaterialien
Bauphase 1
Kleinquaderverband (opus vittatum) aus gelbem Neuenburger Kalkstein; Schwellen, Platten des Bedienungsgang und Verkleidung der Plattform aus Muschelkalkstein.
Bauphase 2
Kleinquaderverband (opus vittatum) aus gelbem Neuenburger Kalkstein, Die Umfassungsmauer ist durch Nischen von halbkreisförmigem Querschnitt gegliedert und weist einen Dekor aus Pilastern mit weissem Putz (pietra rasa) und rot nachgezogenen Fugen auf; Sitzreihen und Mauerwerk des Ostportals bestehen aus grossen Muschelkalkstein-Quadern, Säulen, Basen und Kapitelle aus weissem Jurakalk.