Musée romain

Die Helvetier und der Tod

Die Helvetier glaubten zur Römerzeit an eine Form von Weiterleben nach dem Tod.

Einige machten noch vor ihrem Tod ein Testament, um ihre Nachfolge zu regeln, ihr Begräbnis, die Art des Grabes und seines Unterhalts, das Totenmahl an ihrem Grab, usw. Der Testamentsvollstrecker kümmerte sich darum, dass der letzte Wille des Verstorbenen erfüllt wurde.

Die Kosten für die Bestattung waren entweder vom Verstorbenen zu Lebzeiten bereits hinterlegt worden oder wurden von seinen Angehörigen übernommen. Weniger wohlhabende Leute schlossen sich einem collegium funeraticium an, an das sie regelmässige Beiträge entrichteten und das im Todesfall die Kosten für das Grab übernahm (Kauf des Geländes, Errichtung und Unterhalt des Grabmals, regelmässige Ausrichtung von Totenmahl und Opferspenden). Bedeutende Persönlichkeiten der Gemeinde erhielten manchmal die Ehre eines öffentlichen Begräbnisses.

2015 Buerli P Necropole small
Rekonstruktion eines gallo-römischen Friedhofs vor den Toren von Aventicum (Rekonstruktion: Ph. Buerli, SMRA)

 

Die Nekropolen verliefen entlang der Ausfallstrassen ausserhalb der Siedlung, wie es das römische Gesetz vorschrieb. Der Tote wurde von seinen Angehörigen auf einer Bahre zum Begräbnisplatz getragen. Es gab sowohl die Körper- wie auch die Brandbestattung.

Unter den Gräbern des 1. und 2. Jahrhunderts unserer Zeitrechnung überwiegen allerdings die Brandbestattungen. Eine Ausnahme stellen die Säuglinge dar, deren Zähne noch nicht durchgebrochen sind; für sie war ungeachtet der Epoche stets die Körperbestattung vorgesehen. Ab dem 3. Jh. n.Chr. setzte sich diese Art der Bestattung allgemein durch, was zweifelsohne auf den Einfluss der orientalischen Religionen und des Christentums zurückzuführen ist.

Bei der Brandbestattung wurde der Tote mit persönlichen Gegenständen (Kleidung, Schmuck) und umgeben von Gefässen, die Speisen enthielten, unter freiem Himmel auf den Scheiterhaufen gelegt. Während der Einäscherung warf man aromatische Kräuter und Parfüme, die in kleine Flacons gefüllt waren, ins brennende Feuer. Der Leichenbrand wurde anschliessend ausgelesen und in eine Urne gefüllt, die zusammen mit einem Teil der verbrannten Gegenstände in einer Grabgrube beigesetzt wurde. Meist dienten als Urnen Ton- oder Glasgefässe, die in erster Linie für den häuslichen Gebrauch hergestellt worden waren, gelegentlich wählte man auch ein Holzkästchen; es handelt sich nur in seltenen Fällen um Behältnisse, die ausschliesslich für den Grabgebrauch hergestellt wurden.

Bei der Körperbestattung wurde der Leichnam in einem Holzsarg beigesetzt; die Verwendung von Stein- oder Bleisarkophagen ist in unserer Gegend selten und kommt erst sehr spät auf. Der Tote lag normalerweise in Rückenlage, seltener auf dem Bauch oder auf der Seite. Meist wurden in den Sarg oder in die Grabgrube Beigaben gelegt, von denen wir uns allerdings kein komplettes Bild machen können, da im allgemeinen nur unvergängliches Material wie Keramik, Glas oder Metall erhalten blieb; nur selten findet man Spuren von Nahrungsmitteln oder von Gegenständen aus Korbgeflecht, Leder, Holz oder Stoff.

Sobald das Grab verschlossen war, erhielt es eine Markierung an der Oberfläche zur Erinnerung für die Lebenden, seine Unantastbarkeit zu respektieren und des Toten zu gedenken. Eine solche oberirdische Markierung konnte unterschiedlich aussehen: Grabstelen aus Stein oder Holz, ein einfacher Stein, ein kleiner Erdhaufen, eine Aedicula oder ein monumentaler Grabbau. Die Stelen trugen meist eingemeisselte Grabinschriften und zum Teil weiteren Dekor. Durch die einleitende Formulierung Dis Manibus, oft einfach abgekürzt mit D M, wurde das Grab den Manen, das heisst den Totengeistern des Verstorbenen geweiht; es folgten anschliessend der Name des Toten, manchmal die Angabe des Vaters und des Alters, des Berufs, die Titel und schliesslich der Name des Grabstifters, d. h. der Person, die das Grabmal hat errichten lassen. Der Verstorbene wird alleine dargestellt, manchmal auch mit der Ehefrau oder dem Sohn, manchmal auch bei der Ausübung seines Berufs. Die Porträts sollten dem Gedenken des Toten dienen. Einige Stelen trugen auch Motive, die die Unsterblichkeit der Seele symbolisierten: Lorbeerblätter, Vögel, Gestirne. Reiche Leute sicherten ihr Andenken durch einen monumentalen Grabbau mit Statuen der Toten, wie in der Nekropole von En Chaplix. Solche Grabbauten waren umgeben von Gartenanlagen, mit Statuen und manchmal auch mit Wasserbecken geschmückt und von einer Mauer geschützt.

Das Grab und seine Umfriedung waren heilig und unantastbar und verblieben im Besitz des Toten. Zum Totenkult gehörten regelmässig stattfindende Totenfeiern, parentalia (vom 13. bis 21. Februar), bei denen den Toten Speisen und Getränke dargebracht wurden, wobei die Flüssigkeit im religiösen Akt der Libation, das Trankopfer, auf dem Boden vergossen wurde.

Mehrere Nekropolen von Aventicum sind uns bekannt. Die wohl grösste und reichste befand sich am Westtor; hier fand man Reste von mehreren kleineren Grabbauten und eine grosse Anzahl Stelen sowie das Grab eines jungen, christlichen Mädchens. Die in der Nähe des Sees gelegene Hafen-Nekropole weist um die vierzig einfache Gräber auf. Sie war möglicherweise für die Hafenarbeiter reserviert. Die Nekropole von En Chaplix entlang der Ausfallstrasse vom Nordosttor nach Norden umfasst ungefähr zweihundert Gräber, deren Beigaben auf eine hohe soziale Stellung der Verstorbenen hinweisen.

Die Funde von En Chaplix

Im Rahmen des Autobahnbaus wurden in einer Entfernung von ungefähr 150 m vom Nordosttor von Aventicum am Grabungsort En Chaplix bedeutende Funde gemacht.

Um 15/10 v.Chr., zur Zeit des Kaisers Augustus (27 v.Chr. - 14 n.Chr.), wurde eine erste Kultstätte errichtet. In der Mitte eines offenen, quadratischen Bereichs, der durch einen Grenzgraben markiert wird, erhebt sich eine hölzerne Aedicula über dem Brandgrab einer Frau und möglicherweise ihres Kindes. Im Grab fanden sich zwei Fibeln, die, wie mit grosser Wahrscheinlichkeit auch die Tote, aus dem Donaugebiet oder den östlichen Alpen stammen. Dieses Grabmal war zu jener Zeit Objekt kultischer Verehrung, wie aus den zahlreichen Münzspenden hervorgeht.

Luftbild der Fundstätte En Chaplix
während der Ausgrabungen im Jahr 1989

In tiberischer Zeit (14-37 n.Chr.) erfuhr dieser Platz einen rapiden und spektakulären Aufschwung. Der Anlage einer im Nordosten aus Aventicum herausführenden Ausfallstrasse folgte der Wiederaufbau und die Erweiterung der ursprünglichen Kultstätte.

Dabei wurde die Aedicula durch einen kleinen gallo-römischen Tempel (fanum) und einen Kapellenbau ersetzt. Direkt daneben entstand ein zweiter Komplex. Es handelt sich sehr wahrscheinlich um in gemauerte Fundamente eingelassene Holzbauten. Das Heiligtum wurde vor allem im 1. Jahrhundert intensiv genutzt und blieb bis ins 4. Jh. n.Chr. hinein intakt. Zwischen 23 und 28 n.Chr. wurde auf der anderen Seite der Strasse ein erstes Grabdenkmal errichtet. Um 40 n.Chr. entstand im angrenzenden Bezirk ein zweites Denkmal.

Schematisches Computermodell der Kult- und
Grabanlage von En Chaplix. Im Vordergrund die Nekropole,
im Hintergrund das Heiligtum, rechts das nördliche Mausoleum

Ab der zweiten Hälfte des 1. Jhs. entwickelte sich in unmittelbarer Nähe der Grabdenkmäler eine Nekropole, die durch Grenzgräben abgetrennt war. Die Bestattungen gehen hauptsächlich auf das 2. Jh. zurück, einige gehören bis in die Zeit des frühen 3. Jahrhunderts.

In der zweiten Hälfte des 2. Jhs. kennzeichnen zwei aus der Umfassungsmauer der Grabdenkmäler stammende Mauerabdeckungen die Gräber der Nekropole, ein Hinweis auf den Verfall der Umfriedung und auf eine mögliche Aufgabe der sakralen Verehrung dieser Toten.

Gegen Ende des 3. Jhs. wurden die Denkmäler zur Wiederverwendung der Steinblöcke als Baumaterial völlig abgetragen.

Die Grabdenkmäler von En Chaplix

Computermodell der beiden Grabmonumente von En Chaplix

Zwischen 23 und 40 n.Chr. wurden zwei Grabdenkmäler (Mausoleen) von 23 und 25 m Höhe entlang der vom Nordosttor von Aventicum ausgehenden Ausfallstrasse errichtet. In Architektur und Dekor lehnen sie sich an griechisch-römische Vorbilder an.

Von diesen Bauten aus Jurakalkstein, die sich innerhalb gemauerter Umfriedungen erhoben, sind lediglich die Fundamente und mehrere hundert verstreute Einzelfunde erhalten. Die Architekturteile wie auch der Skulpturdekor wurden wahrscheinlich bereits in der Spätantike von Spolienräubern je nach Bedarf Stein für Stein abgetragen, um als Baumaterial wiederverwendet zu werden.

Beide Mausoleen besassen einen ähnlichen dreistufigen Aufbau. Das Untergeschoss hatte die Form eines massiven, halbrunden Podiums, auf welchem die heute verlorene Grabinschrift angebracht war. In ihr wurden die Namen der Toten angeführt sowie deren herausragende Leistungen während ihrer militärischen, politischen oder beruflichen Karriere. Die Identität dieser vornehmen Bürger wird uns wohl auf immer verborgen bleiben. Der folgende Oberbau, das Hauptgeschoss, bestand aus einer Aedicula, in welcher die drei Statuen der Verstorbenen und ihrer Angehörigen aufgestellt waren. Die mittlere Figur war jeweils leicht überlebensgross dargestellt. Die abschliessende Bedachung wies die Form einer geschweiften Pyramide auf, die mit aus dem Stein herausgehauenen Schuppen verziert war. Dem Passanten der damaligen Zeit bot das Grabmal ein imposantes Bild. Eine harmonische Linienführung zog den Blick des Betrachters geschickt hinauf zur Aedicula und zu den darin sichtbaren Statuen.

Rekonstruktion des südlichen Mausoleums von En Chaplix
Aquarell von Brigitte Gubler, Zürich

Der Bauschmuck beider Denkmäler zeugt von einem starken hellenistischen Einfluss. Das Fehlen jeglicher Spuren von Polychromie schliesst nicht aus, dass gewisse Teile dennoch bemalt waren, wie man es von vergleichbaren Monumenten her kennt.

Das umgebende abgeschrankte Gelände war wahrscheinlich bepflanzt und mit Statuen geschmückt und gewährte die Totenruhe. Hier fanden auch die Angehörigen Platz für ihre Gedenkfeiern und für das Totenmahl zu Ehren der Toten. Es fand sich kein Grab, in dem einer der Verstorbenen bestattet worden wäre; möglicherweise befanden sich die Urnen irgendwo auf den Grabdenkmälern oder diese dienten lediglich als Kenotaph (leeres Grab).

In welcher Beziehung die in einem Zeitabstand von etwa zwölf Jahren nacheinander errichteten Denkmäler zueinander stehen, ist unbekannt. Die Vermutung liegt nahe, in den Bestatteten und Grabinhabern Mitglieder einer Familie zu sehen, die möglicherweise auch Besitzer des einst in der angrenzenden Flur Russalet gelegenen Gutshofes war. Es handelt sich sehr wahrscheinlich um eine jener aristokratischen helvetischen Familien, die sich schnell an die neue römische Ordnung angepasst hatten. Nicht zuletzt zeugen die beiden Grabdenkmäler vom Reichtum der Stadt Avenches in tiberischer Zeit.

Das nördliche Grabdenkmal

Beim Bau des ersten Denkmals war es aufgrund der Instabilität des Bodens nötig, den Baugrund unterhalb der Fundamente mit einer Reihe von tief gesetzten Eichenpfosten zu sichern. Das Fälldatum dieser Eichen konnte durch die dendrochronologische Analyse des Holzes, das sich wegen der Bodenfeuchtigkeit gut erhalten hat, auf die Jahre zwischen 23 und 28 festgelegt werden.

Der oberste Teil des Sockelbaus war zu beiden Seiten der Exedra mit zwei symmetrisch angelegten Gruppen von Tritonen, die nach Nereiden greifen, plastisch ausgeschmückt. Die eingewölbte Partie der Exedra war sehr wahrscheinlich mit Friesen dekoriert, wie drei äusserst schlecht erhaltene männliche Porträts nahelegen, von denen einer offenbar Teil einer Prozessionsgruppe war.

Die Aedicula war in ihrem Grundriss achteckig, was sich anhand der Form des Daches vermuten lässt. Von den drei in ihr aufgestellten Statuen besitzen wir nur noch wenige Fragmente. Die mittlere Figur war eine Frau, wahrscheinlich die Eigentümerin und Stifterin des Denkmals, die von zwei Männern in Toga gerahmt wurde.
Die figürliche Dachbekrönung bestand aus einer Gruppe mit Satyr und Bacchuskind. Sie sollte die Apotheose der Verstorbenen symbolisieren.

Das südliche Grabdenkmal

Der zweite Bau wurde nach demselben Muster errichtet. Aufgrund des festeren Untergrunds waren in diesem Fall keine Grundpfosten nötig. Deswegen ist es nicht möglich, diesen Grabbau genauso exakt zu datieren wie den ersten.

Besser erhalten ist hier der sehr ähnliche Skulpturendekor. Im oberen Teil des Sockelbaus tragen statt der Tritonen Greifen die Nereiden. Auf den Postamenten bildeten wohl einst zwei sog. "tanzende" Attisfiguren gefolgt vom clipeus (rundes, schildförmiges Dekorationsmotiv) die Rahmung für die nicht mehr erhaltene Grabinschrift.

Triton greift nach einer Nereide. Gruppe aus Kalkstein aus dem nördlichen Grabdenkmal von En Chaplix. Um 30 n.Chr.

In der viereckigen Aedicula, ein säulenumrahmtes Stockwerk, waren ein mit der Toga bekleideter Mann und zu seinen beiden Seiten ein weiterer Mann und eine Frau dargestellt. Den Abschluss des im Grundriss viereckigen, in Form einer geschweiften Pyramide aufsteigenden Daches bildet ein Pinienzapfen, Symbol der Unsterblichkeit.
 

Römische Inschriften

Einige Inschriften im Erdgeschoss des Museums

Aus allen Provinzen des Römischen Reiches sind mehrere Hunderttausend Inschriften auf den verschiedensten Materialträgern erhalten.

Die Texte sind in Stein geschlagen oder als Mosaik gesetzt, auf Metallobjekten eingetieft, auf Keramik oder Ziegel gestempelt oder geritzt, auf Papyrusblättern mit Tinte geschrieben oder einfach nur auf einem Wandverputz aufgemalt. Inschriften enthalten Informationen verschiedenster Art, die zugleich der Selbstdarstellung und der Propaganda dienten wie auch den Wohlstand und das Ansehen von Körperschaften und Einzelnen zum Ausdruck bringen sollten.

Die repräsentativen Steininschriften sind im westlichen Teil des Römischen Imperiums überwiegend in lateinischer, seltener in griechischer Sprache verfasst. Sie bieten einen vorzüglichen Einblick in die unterschiedlichsten Lebensbereiche der antiken Gesellschaft und lassen sich im Wesentlichen nach dem Charakter ihres Inhalts in Bau-, Ehren-, Grab- und Weihinschriften unterteilen. Genannt sind in der Regel der Anlass oder der Adressat der Veröffentlichung. Die Aussage des Textes vermittelt zudem Hinweise zur Art des ehemaligen Aufstellungsortes.

So waren Weihinschriften den jeweiligen Kultbezirken zugeordnet, Ehreninschriften standen auf dem Forum und konnten zu öffentlich aufgestellten Statuen gehören, Bauinschriften schmückten öffentliche Bauten wie Thermen, Theater oder Brücken, und Grabinschriften reihten sich entlang den offiziellen Begräbnisplätzen ausserhalb der Wohnbezirke auf.

Die 21 Buchstaben des lateinischen Alphabetes, die zum Teil zugleich auch als Zahlzeichen dienten, wurden überwiegend als Grossbuchstaben geschrieben. Dekorative Elemente wie Rahmung, Ausmalung oder ergänzende bildliche Darstellungen konnten die Wirkung des Textes verstärken. Die Inhalte sind häufig verschlüsselt verfasst. Zahlreiche Abkürzungen waren üblich. Zwar ermöglicht die Kenntnis über die formelreiche römische Schreibweise das Dekodieren bestimmter Textstellen, aber noch immer entziehen sich einige Inhalte einer eindeutigen Definition. Da zu berücksichtigen ist, dass in der Antike viele Menschen Analphabeten waren - und schon deshalb der Form grössere Bedeutung zukommen musste als dem Inhalt -, ist davon auszugehen, dass sich die meisten Betrachter angesichts einer öffentlichen Inschrift eher an ihrem prunkvollen Aussehen erfreuten, als dass sie genau verstanden, welche Informationen vermittelt werden sollten.

Architrav mit Weihinschrift. Gestiftet von den Schiffern der Aar und des Aramus zu Ehren der kaiserlichen Familie. Kalkstein. Gefunden am Rand des Forums, östlich der insula 33. Ende 2. Jh. n.Chr.
In honorem domus divinae [na]utae Aruranci Aramici scholam de suo instruxerunt [l(ocus)] d(atus) d(ecreto) d(ecurionum)
Zu Ehren des göttlichen (Kaiser)hauses liessen die Schiffer der Aar und des Aramus diese schola auf eigene Kosten erbauen. Der Aufstellungsort wurde durch Beschluss des Stadtrates bestimmt

Die Herstellung einer in Stein geschlagenen Inschrift verursachte beträchtliche Kosten. Zu den Ausgaben, die von der Qualität des Materials und der Grösse des Epigraphs bestimmt wurden, addierten sich gewöhnlich die Löhne unterschiedlicher Spezialisten. Zunächst verfasste ein Schriftgelehrter (auctor) den Text, anschliessend entwarf ein Gestalter (ordinator) unter Beachtung der Steindimensionen das Layout, sodann übertrug ein Maler (pictor) den Entwurf auf das zukünftige Denkmal, und schliesslich führte ein Steinmetz (lapidarius) die Gravuren aus. Auch wenn die Kosten im einzelnen heute nicht mehr genau kalkuliert werden können, ist doch zu vermuten, dass der oder die Auftraggeber einer Inschrift im allgemeinen zur wohlhabenderen Bevölkerung zählte.

Pilasterkapitell mit Weihinschrift an die Lugoven. Das Kapitell diente als Sockel für mehrere Statuen. Ende 2./ Anfang 3. Jh. n.Chr. Gefunden im Bereich zwischen der Umfassungsmauer des Grange des Dîmes-Tempels und der Cella des Cigogniertempels

 

Die Steininschriften von Avenches/ Aventicum

Etwa 150 Steininschriften sind bisher aus der römischen Stadt Aventicum bekannt. Einige von ihnen besitzen derart monumentale Proportionen, dass ihre Präsentation in den heute zur Verfügung stehenden Ausstellungsräumen nicht möglich ist.

Häufig sind Ehreninschriften, auf denen einzelne Bürger mit ihren Ämterlaufbahnen und ihren Verdiensten um die helvetische Gemeinde oder die römische Kolonie hervorgehoben wurden. Dabei kristallisiert sich das Bild heraus, dass in der Verwaltung und den politischen Ämtern Familienclans zumindest zeitweise eine beherrschende Rolle spielten. Die Geschicke der Stadt wurden demzufolge offenbar nicht unwesentlich vom Einfluss und Eigeninteresse einzelner Familien bestimmt.

Anhand der zahlreichen Weihungen ist sowohl eine Annäherung der Bevölkerung an die römische Götterwelt als auch das Festhalten an gallo-keltischen Glaubensvorstellungen belegt. Bemerkenswert ist die relativ grosse Anzahl von Personen, die als Priester innerhalb des Kaiserkultes ein Amt ausübten. Mindestens drei Zufahrtswege vor den Toren der Stadt Aventicum konnten als sogenannte Gräberstrassen identifiziert werden, die von Grabsteinen gesäumt waren. Neben der sehr unterschiedlichen Ausgestaltung der erhaltenen Grabmale fällt auf, dass die Inschriften vergleichsweise kurz gehalten und die Gravuren zum Teil eher nachlässig ausgearbeitet sind.

Einige Texte bezeugen das kostspielige Engagement, mit dem Einzelne für die Instandhaltung und den Ausbau öffentlicher Bauwerke sorgten. Auffallend ist die häufige Erwähnung von sogenannten scholae, bei denen es sich wohl um Ehren- oder Versammlungshallen handelte. Demnach zählte in Aventicum offenbar nicht nur das Aufstellen von Statuen nebst Postament und Inschrift der öffentlichen Würdigung verdienter Bürger, sondern wohl auch die Erlaubnis zur Errichtung einer schola.

Altar mit Weihinschrift für die Göttin Aventia und den Genius der Stadtbewohner (incolae) von Avenches. 2.-3. Jh. n.Chr. Aufstellungsort unbekannt
Deae Aventiae et Gen(io) incolar(um) T(itus) Ianuarius Florinus et P(ublius) Domitius Didymus curatores col(oniae) ex stipe annua adiectis de suo (sestertiis) n(ummum) ID A la déesse Aventia et au Génie des habitants domiciliés (incolae).
Der Göttin Aventia und dem Genius der Stadbewohner (incolae) (liessen) Titus Ianuarius Florinus und Publius Domitius Didymus, Vorsteher der Kolonie, (dieses Denkmal errichten) aus den jährlichen Spendeeinnahmen und zusätzlichen 1500 Sesterzen aus ihren eigenen Mitteln

Mosaiken, Skulpturen und Wandmalereien

Neben den Bestattungssitten, den Inschriften und den Skulpturen der Monumente von En Chaplix präsentiert das Museum im Erdgeschoss einige Innendekorationen von römischen Häusern aus Avenches, insbesondere Mosaiken. Ein Mosaik zeigt den Kampf des griechischen Helden Herkules gegen den afrikanischen König Antaios. Diese Fussbodendekoration aus dem 3. Jh. n. Chr. schmückte den Raum eines Hauses in der insula 59.

Das Beispiel einer Wanddekoration liefern die Fresken des sog. roten Saales, mit denen der Salon oder der Speisesaal eines Hauses in der insula 18 (Mitte des 1. Jhs. n. Chr.) ausgemalt waren.

Ein weiteres Ausstellungsstück in einer Nische des Museumsturms ist die Kalksteinfigur eines Löwen mit einem erbeuteten Tier.

Römermuseum Avenches
Postfach 58
CH - 1580 Avenches
 
T : +41 (0)26 557 33 00
musee.romain@vd.ch
DAS MUSEUM BLEIBT WÄHREND DER RESTAURIERUNG DES AMPHITHEATERS GEÖFFNET
 
April bis September :
Dienstag bis Sonntag - 10h - 17h
Ostermontag und Pfingstmontag geöffnet; ganze Woche geöffnet im Juni
 
Oktober und Februar bis März :
Dienstag bis Sonntag - 14h - 17h
 
November bis Januar :
Mittwoch bis Sonntag - 14h - 17h. Geschlossen: 24., 25., 26. und 31.Dezember; 1. und 2. Januar