Musée romain

Die Helvetier und der Tod

Die Helvetier glaubten zur Römerzeit an eine Form von Weiterleben nach dem Tod.

Einige machten noch vor ihrem Tod ein Testament, um ihre Nachfolge zu regeln, ihr Begräbnis, die Art des Grabes und seines Unterhalts, das Totenmahl an ihrem Grab, usw. Der Testamentsvollstrecker kümmerte sich darum, dass der letzte Wille des Verstorbenen erfüllt wurde.

Die Kosten für die Bestattung waren entweder vom Verstorbenen zu Lebzeiten bereits hinterlegt worden oder wurden von seinen Angehörigen übernommen. Weniger wohlhabende Leute schlossen sich einem collegium funeraticium an, an das sie regelmässige Beiträge entrichteten und das im Todesfall die Kosten für das Grab übernahm (Kauf des Geländes, Errichtung und Unterhalt des Grabmals, regelmässige Ausrichtung von Totenmahl und Opferspenden). Bedeutende Persönlichkeiten der Gemeinde erhielten manchmal die Ehre eines öffentlichen Begräbnisses.

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Rekonstruktion eines gallo-römischen Friedhofs vor den Toren von Aventicum (Rekonstruktion: Ph. Buerli, SMRA)

 

Die Nekropolen verliefen entlang der Ausfallstrassen ausserhalb der Siedlung, wie es das römische Gesetz vorschrieb. Der Tote wurde von seinen Angehörigen auf einer Bahre zum Begräbnisplatz getragen. Es gab sowohl die Körper- wie auch die Brandbestattung.

Unter den Gräbern des 1. und 2. Jahrhunderts unserer Zeitrechnung überwiegen allerdings die Brandbestattungen. Eine Ausnahme stellen die Säuglinge dar, deren Zähne noch nicht durchgebrochen sind; für sie war ungeachtet der Epoche stets die Körperbestattung vorgesehen. Ab dem 3. Jh. n.Chr. setzte sich diese Art der Bestattung allgemein durch, was zweifelsohne auf den Einfluss der orientalischen Religionen und des Christentums zurückzuführen ist.

Bei der Brandbestattung wurde der Tote mit persönlichen Gegenständen (Kleidung, Schmuck) und umgeben von Gefässen, die Speisen enthielten, unter freiem Himmel auf den Scheiterhaufen gelegt. Während der Einäscherung warf man aromatische Kräuter und Parfüme, die in kleine Flacons gefüllt waren, ins brennende Feuer. Der Leichenbrand wurde anschliessend ausgelesen und in eine Urne gefüllt, die zusammen mit einem Teil der verbrannten Gegenstände in einer Grabgrube beigesetzt wurde. Meist dienten als Urnen Ton- oder Glasgefässe, die in erster Linie für den häuslichen Gebrauch hergestellt worden waren, gelegentlich wählte man auch ein Holzkästchen; es handelt sich nur in seltenen Fällen um Behältnisse, die ausschliesslich für den Grabgebrauch hergestellt wurden.

Bei der Körperbestattung wurde der Leichnam in einem Holzsarg beigesetzt; die Verwendung von Stein- oder Bleisarkophagen ist in unserer Gegend selten und kommt erst sehr spät auf. Der Tote lag normalerweise in Rückenlage, seltener auf dem Bauch oder auf der Seite. Meist wurden in den Sarg oder in die Grabgrube Beigaben gelegt, von denen wir uns allerdings kein komplettes Bild machen können, da im allgemeinen nur unvergängliches Material wie Keramik, Glas oder Metall erhalten blieb; nur selten findet man Spuren von Nahrungsmitteln oder von Gegenständen aus Korbgeflecht, Leder, Holz oder Stoff.

Sobald das Grab verschlossen war, erhielt es eine Markierung an der Oberfläche zur Erinnerung für die Lebenden, seine Unantastbarkeit zu respektieren und des Toten zu gedenken. Eine solche oberirdische Markierung konnte unterschiedlich aussehen: Grabstelen aus Stein oder Holz, ein einfacher Stein, ein kleiner Erdhaufen, eine Aedicula oder ein monumentaler Grabbau. Die Stelen trugen meist eingemeisselte Grabinschriften und zum Teil weiteren Dekor. Durch die einleitende Formulierung Dis Manibus, oft einfach abgekürzt mit D M, wurde das Grab den Manen, das heisst den Totengeistern des Verstorbenen geweiht; es folgten anschliessend der Name des Toten, manchmal die Angabe des Vaters und des Alters, des Berufs, die Titel und schliesslich der Name des Grabstifters, d. h. der Person, die das Grabmal hat errichten lassen. Der Verstorbene wird alleine dargestellt, manchmal auch mit der Ehefrau oder dem Sohn, manchmal auch bei der Ausübung seines Berufs. Die Porträts sollten dem Gedenken des Toten dienen. Einige Stelen trugen auch Motive, die die Unsterblichkeit der Seele symbolisierten: Lorbeerblätter, Vögel, Gestirne. Reiche Leute sicherten ihr Andenken durch einen monumentalen Grabbau mit Statuen der Toten, wie in der Nekropole von En Chaplix. Solche Grabbauten waren umgeben von Gartenanlagen, mit Statuen und manchmal auch mit Wasserbecken geschmückt und von einer Mauer geschützt.

Das Grab und seine Umfriedung waren heilig und unantastbar und verblieben im Besitz des Toten. Zum Totenkult gehörten regelmässig stattfindende Totenfeiern, parentalia (vom 13. bis 21. Februar), bei denen den Toten Speisen und Getränke dargebracht wurden, wobei die Flüssigkeit im religiösen Akt der Libation, das Trankopfer, auf dem Boden vergossen wurde.

Mehrere Nekropolen von Aventicum sind uns bekannt. Die wohl grösste und reichste befand sich am Westtor; hier fand man Reste von mehreren kleineren Grabbauten und eine grosse Anzahl Stelen sowie das Grab eines jungen, christlichen Mädchens. Die in der Nähe des Sees gelegene Hafen-Nekropole weist um die vierzig einfache Gräber auf. Sie war möglicherweise für die Hafenarbeiter reserviert. Die Nekropole von En Chaplix entlang der Ausfallstrasse vom Nordosttor nach Norden umfasst ungefähr zweihundert Gräber, deren Beigaben auf eine hohe soziale Stellung der Verstorbenen hinweisen.

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