Musée romain

Die Grabdenkmäler von En Chaplix

Computermodell der beiden Grabmonumente von En Chaplix

Zwischen 23 und 40 n.Chr. wurden zwei Grabdenkmäler (Mausoleen) von 23 und 25 m Höhe entlang der vom Nordosttor von Aventicum ausgehenden Ausfallstrasse errichtet. In Architektur und Dekor lehnen sie sich an griechisch-römische Vorbilder an.

Von diesen Bauten aus Jurakalkstein, die sich innerhalb gemauerter Umfriedungen erhoben, sind lediglich die Fundamente und mehrere hundert verstreute Einzelfunde erhalten. Die Architekturteile wie auch der Skulpturdekor wurden wahrscheinlich bereits in der Spätantike von Spolienräubern je nach Bedarf Stein für Stein abgetragen, um als Baumaterial wiederverwendet zu werden.

Beide Mausoleen besassen einen ähnlichen dreistufigen Aufbau. Das Untergeschoss hatte die Form eines massiven, halbrunden Podiums, auf welchem die heute verlorene Grabinschrift angebracht war. In ihr wurden die Namen der Toten angeführt sowie deren herausragende Leistungen während ihrer militärischen, politischen oder beruflichen Karriere. Die Identität dieser vornehmen Bürger wird uns wohl auf immer verborgen bleiben. Der folgende Oberbau, das Hauptgeschoss, bestand aus einer Aedicula, in welcher die drei Statuen der Verstorbenen und ihrer Angehörigen aufgestellt waren. Die mittlere Figur war jeweils leicht überlebensgross dargestellt. Die abschliessende Bedachung wies die Form einer geschweiften Pyramide auf, die mit aus dem Stein herausgehauenen Schuppen verziert war. Dem Passanten der damaligen Zeit bot das Grabmal ein imposantes Bild. Eine harmonische Linienführung zog den Blick des Betrachters geschickt hinauf zur Aedicula und zu den darin sichtbaren Statuen.

Rekonstruktion des südlichen Mausoleums von En Chaplix
Aquarell von Brigitte Gubler, Zürich

Der Bauschmuck beider Denkmäler zeugt von einem starken hellenistischen Einfluss. Das Fehlen jeglicher Spuren von Polychromie schliesst nicht aus, dass gewisse Teile dennoch bemalt waren, wie man es von vergleichbaren Monumenten her kennt.

Das umgebende abgeschrankte Gelände war wahrscheinlich bepflanzt und mit Statuen geschmückt und gewährte die Totenruhe. Hier fanden auch die Angehörigen Platz für ihre Gedenkfeiern und für das Totenmahl zu Ehren der Toten. Es fand sich kein Grab, in dem einer der Verstorbenen bestattet worden wäre; möglicherweise befanden sich die Urnen irgendwo auf den Grabdenkmälern oder diese dienten lediglich als Kenotaph (leeres Grab).

In welcher Beziehung die in einem Zeitabstand von etwa zwölf Jahren nacheinander errichteten Denkmäler zueinander stehen, ist unbekannt. Die Vermutung liegt nahe, in den Bestatteten und Grabinhabern Mitglieder einer Familie zu sehen, die möglicherweise auch Besitzer des einst in der angrenzenden Flur Russalet gelegenen Gutshofes war. Es handelt sich sehr wahrscheinlich um eine jener aristokratischen helvetischen Familien, die sich schnell an die neue römische Ordnung angepasst hatten. Nicht zuletzt zeugen die beiden Grabdenkmäler vom Reichtum der Stadt Avenches in tiberischer Zeit.

Das nördliche Grabdenkmal

Beim Bau des ersten Denkmals war es aufgrund der Instabilität des Bodens nötig, den Baugrund unterhalb der Fundamente mit einer Reihe von tief gesetzten Eichenpfosten zu sichern. Das Fälldatum dieser Eichen konnte durch die dendrochronologische Analyse des Holzes, das sich wegen der Bodenfeuchtigkeit gut erhalten hat, auf die Jahre zwischen 23 und 28 festgelegt werden.

Der oberste Teil des Sockelbaus war zu beiden Seiten der Exedra mit zwei symmetrisch angelegten Gruppen von Tritonen, die nach Nereiden greifen, plastisch ausgeschmückt. Die eingewölbte Partie der Exedra war sehr wahrscheinlich mit Friesen dekoriert, wie drei äusserst schlecht erhaltene männliche Porträts nahelegen, von denen einer offenbar Teil einer Prozessionsgruppe war.

Die Aedicula war in ihrem Grundriss achteckig, was sich anhand der Form des Daches vermuten lässt. Von den drei in ihr aufgestellten Statuen besitzen wir nur noch wenige Fragmente. Die mittlere Figur war eine Frau, wahrscheinlich die Eigentümerin und Stifterin des Denkmals, die von zwei Männern in Toga gerahmt wurde.
Die figürliche Dachbekrönung bestand aus einer Gruppe mit Satyr und Bacchuskind. Sie sollte die Apotheose der Verstorbenen symbolisieren.

Das südliche Grabdenkmal

Der zweite Bau wurde nach demselben Muster errichtet. Aufgrund des festeren Untergrunds waren in diesem Fall keine Grundpfosten nötig. Deswegen ist es nicht möglich, diesen Grabbau genauso exakt zu datieren wie den ersten.

Besser erhalten ist hier der sehr ähnliche Skulpturendekor. Im oberen Teil des Sockelbaus tragen statt der Tritonen Greifen die Nereiden. Auf den Postamenten bildeten wohl einst zwei sog. "tanzende" Attisfiguren gefolgt vom clipeus (rundes, schildförmiges Dekorationsmotiv) die Rahmung für die nicht mehr erhaltene Grabinschrift.

Triton greift nach einer Nereide. Gruppe aus Kalkstein aus dem nördlichen Grabdenkmal von En Chaplix. Um 30 n.Chr.

In der viereckigen Aedicula, ein säulenumrahmtes Stockwerk, waren ein mit der Toga bekleideter Mann und zu seinen beiden Seiten ein weiterer Mann und eine Frau dargestellt. Den Abschluss des im Grundriss viereckigen, in Form einer geschweiften Pyramide aufsteigenden Daches bildet ein Pinienzapfen, Symbol der Unsterblichkeit.
 

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